Die Anfänge der Bibliothek von St. Michaelis lassen sich datieren auf die Gründung des Klosters im Jahr 955. In den folgenden Jahrhunderten – insbesondere in der Zeit nach der Reformation – wurden für die Kirchenmusik kontinuierlich und systematisch Musikalien erworben. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts verfügte die Bibliothek über einen Bestand, der mit schätzungsweise 12.000 Einzeltiteln im norddeutschen Raum einmalig war. Unglücklicherweise wurden bei der Auflösung der Michaelisschule im 19. Jahrhundert die Bestände der Bibliothek an die Ratsbücherei übergeben. Heute ist der reiche Schatz der Chorbibliothek zum Teil verschollen und zum Teil auf zahlreiche Büchereien in aller Welt verstreut. Wissenschaftliche Arbeiten in jüngerer Zeit sowie Versuche, einen Teil der seinerzeit in der Bibliothek enthaltenen Musikalien in Neuausgaben zu edieren, zeigen eindrücklich, wie vielfältig und niveauvoll das kirchenmusikalische Leben an St. Michaelis um 1700 gewesen sein muß – zu der Zeit also, als sich der junge Johann Sebastian Bach in Lüneburg aufhielt.